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Commentary

Military Robotics and their Implications for International Politics

Peter W. Singer
Peter W. Singer Former Brookings Expert, Strategist and Senior Fellow - New America

May 1, 2012

Editor’s Note: Each new year brings more change, from unmanned systems’ growing autonomy to a growing range of capabilities and roles and missions they serve in war and beyond. Peter Singer explores the latest technological developments and examines their implications for international politics.

Nur wenige Autominuten trennten das Wohnzimmer von Colonel Gary Fabricius von den Schlachtfeldern im Irak. Morgens setzte sich der US-Soldat in seinen Wagen, fuhr zum nahe gelegenen Stützpunkt in Nevada und begann seine Schicht im “Krieg gegen den Terror”. Abends war pünktlich Feierabend und danach Zeit für die Familie – denn Fabricius kommandierte eine Staffel von “Predator”- Drohnen. Kein einziges Mal musste der Colonel seine sichere Militärbasis im Westen der USA verlassen, um seine Gegner im Irak anzugreifen. “Du bist zwölf Stunden lang im Krieg, feuerst Waffen auf Ziele ab, leitest die Tötung feindlicher Kämpfer ein – danach steigst du in dein Auto, fährst nach Hause, und nach 20 Minuten sitzt du am Esszimmertisch und sprichst mit deinen Kindern über ihre Hausaufgaben”, berichtet Fabricius von der “Front”.

Noch vor wenigen Jahren wäre diese Art der Kriegsführung per Joystick undenkbar gewesen – inzwischen sind ferngesteuerte Kampf- und Aufklärungsroboter aber dabei, die Schlachtfelder der Welt zu erobern: Als das US-Militär 2003 im Irak einmarschierte, verfügte es nur über eine Handvoll unbemannter und unbewaffneter Aufklärungsflugzeuge, am Boden hatte die Truppe überhaupt keine unbemannten mobilen Geräte. Heute gibt es in den Beständen der USA mehr als 7500 fliegende Drohnen wie den Predator (“Raubtier”) und weitere rund 12 000 unbemann te Fahrzeuge am Boden – etwa den „Packbot“, ein Produkt der Firma iRobot, die auch den Staubsaugerroboter “Roomba” und den Bodenwischroboter “Scooba” herstellt.

Nicht nur die Zahl der Drohnen ist in nur neun Jahren geradezu explodiert, auch technisch haben sich die ferngesteuerten Roboter in dieser Zeit dramatisch weiterentwickelt. Vor dem 11. September 2001 war der MQ-1 Predator kaum mehr als ein fliegendes Fernglas mit Fernsteuerung – sehr zum Ärger der US-Militärs: Sie konnten Osama bin Laden zwar in seinen Trainingscamps beobachten, hatten aber keine Möglichkeit, ihn anzugreifen. Das änderte sich nach den Anschlägen von New York und Washington: Das neun Meter lange Flugzeug wurde mit lasergesteuerten Hellfire-Raketen ausgestattet und erwies sich als derart nützlich, dass der Kommandeur der US-Streitkräfte im Mittleren Osten es als sein „wertvollstes Waffensystem“ bezeichnete.

Auch auf dem Boden wurden Roboter zuerst nur für Beobachtungszwecke eingesetzt, sind inzwischen aber mit allen möglichenWaffen ausgestattet. Der Talon beispielsweise ist ein Roboter von der Größe eines Rasenmähers, mit dem sich Bomben am Straßenrand entschärfen ließen. Nachdem die Militärs seinen Greifarm durch einen Waffenträger ersetzt hatten, war SWORDS geboren (Special Weapons Observation Reconnaissance Detection System): SWORDS kann mit jeder Waffe ausgestattet werden, die weniger als 140 Kilogramm wiegt – vom M16- Karabiner über ein Maschinengewehr bis hin zu einem 40- Millimeter-Granatwerfer oder einer Abschussvorrichtung für
Anti-Panzer-Raketen.

Diese Entwicklung zeigt: Drohnen sind auf dem besten Wege, im wahrsten Sinne des Wortes zu Killer-Applikationen zu warden – eine neue Technologie, die nicht nur tödlich ist, sondern auch die Spielregeln des Kriegshandwerks komplett verändert. Wie tiefgreifend diese Umwälzung sein wird, lässt sich kaum abschätzen, denn nach Meinung vieler Experten stehen wir mit den unbemannten Systemen heute erst dort, wo wir zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit den Automobilen angelangt waren. Kein Wunder, dass Wissenschaftler eine Parallele zur Atombombe ziehen: Nach ihrer Meinung entwickeln wir gerade eine Technologie, die bisher nur ins Reich der Science-Fiction gehörte – die aber so mächtig ist, dass wir ihre Erfindung eines Tages noch bereuen könnten.